Zians-Haas Rechtsanwälte

Neue Haftungsregeln im belgischen Recht – Unternehmen müssen sich vorbereiten

19.01.2025

Zum 1. Januar 2025 treten umfassende Änderungen im belgischen Zivilgesetzbuch in Kraft, die das Haftungsrecht erheblich verändern. Besonders betroffen sind mittelständische Unternehmen, die bei der Erfüllung von Verträgen auf Subunternehmer oder Dienstleister zurückgreifen. Diese Reform zielt darauf ab, die rechtliche Position von Geschädigten zu stärken, birgt aber auch neue Herausforderungen für Unternehmen.

Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick:

  1. Kombination von vertraglicher und außervertraglicher Haftung
    Bislang war es zwischen Vertragspartnern nicht möglich, eine außervertragliche Haftung geltend zu machen, wenn bereits eine vertragliche Grundlage bestand. Mit der Reform können geschädigte Parteien künftig frei wählen, ob sie Ansprüche auf vertraglicher oder außervertraglicher Basis erheben. Doppelentschädigungen bleiben jedoch ausgeschlossen.
  2. Ende der „Quasi-Immunität“ von Hilfskräften
    Bisher genossen Subunternehmer, Dienstleister oder Angestellte weitgehenden Schutz vor direkten Haftungsklagen durch Dritte. Ab 2025 können diese direkt haftbar gemacht werden, wenn sie im Rahmen ihrer Tätigkeiten Fehler begehen.

Grenzen der möglichen Haftungseinschränkungen

Obwohl Unternehmen vertraglich viele Aspekte der Haftung regeln können, gibt es gesetzliche Grenzen, die beachtet werden müssen. Eine vollständige Haftungsfreistellung ist in bestimmten Fällen ausgeschlossen:

  1. Verletzung der physischen oder psychischen Integrität
    Schäden, die aus der Verletzung körperlicher oder psychischer Unversehrtheit resultieren, können nicht vertraglich ausgeschlossen werden.
  2. Vorsätzlich verursachte Schäden
    Haftungsbeschränkungen greifen nicht, wenn ein Schaden vorsätzlich verursacht wurde.
  3. Öffentliche Ordnung und zwingendes Recht
    Unternehmen dürfen keine Regelungen treffen, die gegen Bestimmungen der öffentlichen Ordnung oder zwingendes Recht verstoßen, wie z. B.:
    • Arbeitsrecht: Die beschränkte Haftung von Arbeitnehmern für leichte Fahrlässigkeit bleibt bestehen.
    • Gesellschaftsrecht: Geschäftsführer können nicht im Voraus von ihrer Haftung gegenüber der juristischen Person oder Dritten befreit werden.
    • Produkthaftung: Verpflichtungen, die durch das Produkthaftungsgesetz geregelt sind, bleiben unberührt.

Praktische Vorschläge für Unternehmen

1. Verträge überarbeiten

  • Einschränkung der Haftung: Unternehmen sollten prüfen, ob sie in ihren Verträgen die außervertragliche Haftung ausschließen oder begrenzen können. Mögliche Formulierung:
    „Die Parteien schließen jede außervertragliche Haftung untereinander und gegenüber ihren Hilfskräften für Schäden aus, die durch die Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung entstehen, es sei denn, dies verstößt gegen zwingendes Recht.“
  • Definition von Hilfskräften: Eine klare Definition der Hilfskräfte hilft, mögliche Streitfälle zu vermeiden. Beispiel:
    „Hilfskräfte sind natürliche oder juristische Personen, die mit der Erfüllung vertraglicher Pflichten beauftragt sind, einschließlich Subunternehmer, Angestellte und Geschäftsführer.“
  • Vertragszusätze für bestehende Vereinbarungen: Haftungsklauseln können durch Anhänge zu bestehenden Verträgen ergänzt werden.

2. Versicherungen anpassen

  • Haftpflichtversicherung: Überprüfen Sie, ob Ihre Betriebshaftpflicht- und Berufshaftpflichtversicherungen ausreichend Schutz bieten, insbesondere für außervertragliche Haftungsansprüche.
  • Spezialversicherungen: Ergänzen Sie Ihre Haftpflichtversicherungen Versicherungen für Geschäftsführer/Verwalter sowie spezielle Versicherungen für Mitarbeiter.
  • Deckungssummen prüfen: Höhere Deckungssummen können nötig sein, um die neuen Risiken abzudecken.

3. Interne Prozesse optimieren

  • Schulung der Mitarbeiter: Klären Sie Ihre Mitarbeiter über die neuen Haftungsrisiken auf und wie diese vermieden werden können.
  • Risikomanagement einführen: Entwickeln Sie ein System zur regelmäßigen Bewertung und Minimierung möglicher Haftungsrisiken.
  • Dokumentation stärken: Sorgen Sie für eine lückenlose und rechtssichere Dokumentation aller geschäftlichen Prozesse.

4. Juristische Beratung einholen

  • Experten hinzuziehen: Lassen Sie Ihre Vertragsklauseln und Versicherungsbedingungen von Ihrem Anwalt prüfen.
  • Individuelle Lösungen entwickeln: Passen Sie Ihre Verträge an die spezifischen Anforderungen Ihrer Branche und Ihres Unternehmens an.

Fazit

Die Reform des belgischen Haftungsrechts bringt bedeutende Änderungen mit sich, die Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen. Wichtig ist, dass mittelständische Unternehmen frühzeitig handeln, um die neuen Vorschriften zu nutzen und sich gleichzeitig vor potenziellen Risiken zu schützen.

Mit angepassten Verträgen, optimiertem Versicherungsschutz und einer klaren internen Strategie können Unternehmen die Haftungsrisiken effektiv begrenzen und rechtssicher agieren. 

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